Nachhaltigkeit im Finanzbereich gewinnt national und international an Bedeutung. Für uns ist dieses Thema ebenfalls von grosser Relevanz. Sei es beim Umgang mit Ressourcen in unserem Arbeitsalltag, für welchen wir bereits interne Massnahmen getroffen haben, aber auch in den Projekten, welche wir zusammen mit unseren Kund:innen durchführen dürfen. Aus diesem Grund haben wir die aktuellen Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) analysiert und die Auswirkungen für die Finanzdienstleister nachfolgend beschrieben.

Die Richtlinien der SBVg

Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat im Juni 2022 zwei Nachhaltigkeitsrichtlinien veröffentlicht. Diese sind am 1. Januar 2023 in Kraft getreten und sind für die Mitglieder der SBVg verbindlich. Es gilt eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2024 für die Anpassungen der bankinternen Prozesse sowie für die Aus- und Weiterbildung der Kundenberater:innen. Für Nicht-Mitglieder dienen die Richtlinien als Empfehlung. Auf freiwilliger Basis können sie sich zur Einhaltung der Richtlinien verpflichten.

Die erste Richtlinie fordert die Finanzdienstleister auf, ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung zu berücksichtigen. ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) und bezieht sich auf Nachhaltigkeitsfaktoren, die bei Investitionsentscheidungen einbezogen werden sollten. Darüber hinaus hat die SBVg eine zweite Richtlinie für Anbieter von Hypotheken zur Förderung der Energieeffizienz veröffentlicht. Diese Richtlinie fordert von den Kreditinstituten, dass sie bei der Kreditvergabe den Energieeffizienzgrad von Immobilien thematisieren. Durch diese Richtlinien, die nachfolgend genauer vorgestellt werden, soll an die gesellschaftliche Verantwortung der Finanzdienstleister appelliert werden.

Richtlinie für die Anlageberatung und Vermögensverwaltung

Die «Richtlinie für die Finanzdienstleister zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung» der SBVg fordert die Finanzdienstleister auf, sicherzustellen, dass sie bei Anlageempfehlungen die ESG-Präferenzen ihrer Kund:innen sowie die ESG-Risiken der Anlagelösungen thematisieren und berücksichtigen. Die ESG-Präferenzen sind die Vorlieben der Kund:innen, ob und welche Eigenschaften der Nachhaltigkeit für ihren Investitionsentscheid relevant sind. Die ESG-Risiken beschreiben die positiven oder negativen Auswirkungen der nachhaltigkeitsrelevanten Merkmale auf den aktuellen oder zukünftigen Wert der Anlagelösungen. Die in der Richtlinie formulierten Massnahmen sollen sicherstellen, dass Finanzdienstleister die individuellen Bedürfnisse ihrer Kund:innen berücksichtigen, während sie gleichzeitig ihre Verantwortung gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft wahrnehmen.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen Finanzdienstleister über ausreichend Kenntnisse und Kompetenzen im Bereich ESG verfügen. Dazu gehört, dass sie die ESG-Kriterien und -Ratings von Unternehmen und Anlageprodukten verstehen und in der Lage sind, sie zu bewerten. Finanzdienstleister müssen deshalb sicherstellen, dass sie ihre Mitarbeiter:innen entsprechend schulen und fortbilden, damit sie über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, um ihren Kund:innen eine qualitativ hochwertige Beratung und Dienstleistung anzubieten.

In der Beratung soll die Erhebung der ESG-Präferenzen der Kund:innen nahtlos in die Ermittlung der Anlageziele integriert werden. Dies kann im Beratungsprozess beispielsweise im Zusammenhang mit der Befragung zu den «Kenntnissen und Erfahrungen» erfolgen. Anhand dieser Informationen können die Kund:innen in Gruppen eingeteilt werden. Zudem werden die ermittelten Präferenzen verwendet, um Anlagelösungen zu identifizieren, welche den Bedürfnissen der Kund:innen entsprechen.

Die Richtlinie der SBVg betont zusätzlich die Bedeutung von Transparenz und Offenlegung. Finanzdienstleister sollen gewährleisten, dass die ESG-Präferenzen der Kund:innen während der Beratung erhoben und dokumentiert werden. Zudem soll sichergestellt werden, dass die Kund:innen vollständig über die ESG-Risiken informiert sind und dass regelmässig über die ESG-Performance ihrer Anlageprodukte berichtet wird. Dazu müssen geeignete Dokumentationsprozesse implementiert werden, um die ESG-Präferenzen der Kund:innen, die ESG-Eigenschaften der Anlagelösungen und die Informationsbemühungen des Finanzdienstleisters festzuhalten. Diese Dokumentationen dienen ebenfalls dazu, der Rechenschaftspflicht gegenüber den Kund:innen gerecht zu werden.

Finanzdienstleister sollen sich bemühen, in Unternehmen zu investieren, die umweltfreundliche Praktiken anwenden und sozial verantwortlich handeln. Durch das Einbeziehen von ESG-Präferenzen und -Risiken wird dazu beigetragen, das Bewusstsein der Kund:innen für Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Investieren zu erhöhen. Dadurch werden sie befähigt, informierte Entscheidungen zu treffen und die Auswirkungen ihrer Investitionen auf die Umwelt und die Gesellschaft zu verstehen. Zudem kann der Einbezug von ESG-Kriterien in den Anlageprozess dazu beitragen, Risiken zu minimieren und langfristige Renditen zu maximieren.

Richtlinie zur Förderung der Energieeffizienz von Immobilien

Darüber hinaus hat die SBVg auch eine «Richtlinie für Anbieter von Hypotheken zur Förderung der Energieeffizienz» veröffentlicht. Diese Richtlinie fordert von den Kreditinstituten, dass sie bei der Kreditvergabe die langfristige Werterhaltung und somit auch den Energieeffizienzgrad der zu finanzierenden Immobilien thematisieren.

Die Richtlinie ist auf die Beratung von Privatpersonen mit zu finanzierenden selbstbewohnten Einfamilien- und Ferienhäusern ausgelegt. Dabei sollen entsprechende Sanierungsmassnahmen sowie verfügbare öffentliche und private Fördermassnahmen erörtert werden. Gegebenenfalls können die Kund:innen an unabhängige Experten- und Fachstellen verwiesen werden. Die Richtlinie betont somit die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Finanzdienstleistern, Immobilienbesitzern und Energieberatern, um die Energieeffizienz von Immobilien zu verbessern.

Das Ziel der Richtlinie ist es, den Zugang zu Finanzierungen für energieeffiziente Immobilien zu erleichtern und dadurch den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu beschleunigen. Dazu sollen die Kund:innen motiviert werden, sich mit dem Thema Werterhaltung und Energieeffizienz der Immobilie zu beschäftigen. Dies bietet auch finanzielle Vorteile für die Kund:innen, da sie sich mit der langfristigen Werterhaltung ihres Kapitals auseinandersetzen und energieeffiziente Immobilien weniger Energiekosten auslösen. Die Hypothekenanbieter können ihre Konditionen so ausgestalten, dass sich Finanzierungen nachhaltiger Immobilien von gewöhnlichen abheben.

Um die Richtlinie zu erfüllen, müssen die Kundenberater:innen regelmässig und angemessen ausgebildet werden. Dies beinhaltet sowohl das Vorgehen zur langfristigen Werterhaltung und Verbesserung der Energieeffizienz von Immobilien sowie die entsprechenden Massnahmen zur Finanzierung solcher Erneuerungen. Die Anbieter von Hypotheken sind zudem verpflichtet, öffentlich verfügbare relevante Informationen zur Klimaeffizienz von Gebäuden zur Verfügung zu stellen.

Ausblick

Die beiden Richtlinien der SBVg stellen einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Finanzindustrie dar. Sie betonen die Bedeutung von ESG-Präferenzen und -Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung sowie die Förderung von energieeffizienten Immobilien. Finanzdienstleister müssen sich bemühen, diese Richtlinien umzusetzen und ihren Kund:innen eine qualitativ hochwertige und nachhaltige Beratung und Dienstleistung zu bieten. Auch für Nicht-Mitglieder der SBVg, welche nicht an die Richtlinien gebunden sind, ist es sinnvoll, diese zu implementieren. Durch die Umsetzung verstärkt sich ihre gesellschaftliche Akzeptanz und sie dient als Vorbereitung zukünftiger regulatorischer Verschärfungen, die potenziell in der Schweiz auftreten können.

Im EU-Raum ist seit Juli 2020 die EU-Taxonomie in Kraft getreten. Diese stellt ein Rahmenwerk dar, welches eine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit bereitstellt und Finanzdienstleistern dabei hilft, die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen zu bewerten. Die SBVg-Richtlinien stehen im Einklang mit dieser Taxonomie, jedoch sind sie deutlich weniger restriktiv gehalten. Die EU-Taxonomie kann als Leitfaden dienen, in welche Richtung sich die Gesetzgebung im Bereich Nachhaltigkeit auch für Schweizer Finanzdienstleister in Zukunft bewegen wird. Namentlich sind diese Änderungen die Implementation einer klaren und transparenten Nachhaltigkeitsstrategie, die Aufnahme von Nachhaltigkeitskriterien in das Risikomanagement oder eine Reporting- und Offenlegungspflicht gegenüber der Aufsicht. Die SBVg unterstützt in dieser Entwicklung einen gestaffelten Ansatz für den Schweizer Finanzplatz, bei der die Sinnhaftigkeit der Massnahmen einzeln geprüft werden soll. Daher ist es für die Finanzdienstleister bereits heute sinnvoll, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit vertieft zu befassen und bereits Massnahmen zu definieren, welche die SBVg-Richtlinien übertreffen.

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Quellen

  • Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) (2022). Richtlinien für die Finanzdienstleister zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung

  • Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) (2022). Richtlinien für Anbieter von Hypotheken zur Förderung der Energieeffizienz

  • Website der SBVg (2023) (Letzter Zugriff: 13.04.2023)

  • Website der SBVg (2023) (Letzter Zugriff: 13.04.2023)

  • Website der SBVg (2023) (Letzter Zugriff: 19.04.2023)

  • Website adesso (2022) (Letzter Zugriff: 13.04.2023)

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