Operational Excellence: Lean und Six Sigma, um nachhaltig Verbesserung zu erzielen
16. August 2023Operational Excellence ist die Fähigkeit eines Unternehmens, seine Prozesse über die gesamte Wertschöpfungskette kontinuierlich, systematisch und nachhaltig zu optimieren.
Lean und Six Sigma sind dabei zwei verschiedene Herangehensweisen, um Verbesserung im Sinne von Operational Excellence zu erzielen. Beiden gemeinsam ist die Kundenzentrierung.
Wichtig ist die Identifikation der Kundenbedürfnisse sowie das Verständnis, was den Kunden und Kundinnen einen Mehrwert verschafft.
Die Methode Six Sigma sowie die Prinzipien des Lean Managements können einzeln, oder auch in Kombination angewendet werden. In letzterem Fall spricht man von Lean Six Sigma. Gewinnen Sie nachfolgend einen Überblick über die beiden Ansätze.
Lean Management
Lean Management ist ein systematischer Ansatz zur Optimierung von Prozessen, welcher sich primär auf die Beseitigung von Verschwendungen konzentriert. Nicht wertschöpfende Prozessschritte sollen eliminiert oder soweit möglich reduziert werden.
Durch Lean Management wird sichergestellt, dass die richtigen Dinge getan werden. Im Fokus steht die Erhöhung der Effizienz. Dadurch soll die Zeitspanne zwischen einer Kundenanforderung und der Lieferung der Ware bzw. Erbringung der Dienstleistung möglichst kurz ausfallen (Reduktion der Durchlaufzeit).
Verschwendungsarten
Mögliche Verschwendungen, welche es zu beseitigen gilt, können der nachfolgenden Abbildung entnommen werden.
Abbildung 1: Verschwendungsarten
Als Eselsbrücke zur Erinnerung dieser acht Verschwendungsarten kann die Abkürzung «DOWNTIME» Abhilfe schaffen. Je nach Quelle variiert die Anzahl und die genaue Definition der klassischen Verschwendungsarten leicht.
Lean Prinzipien
Dem Lean Management liegen fünf klassische Prinzipien zugrunde, welche generelle Handlungsrichtlinien beschreiben. Diese Prinzipien sollten die Grundlage von Prozessoptimierungen im Sinne von Lean Management bilden.
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Kundenmehrwert identifizieren: Dieses Prinzip stellt Kundinnen und Kunden in den Fokus. Wichtig ist die Identifikation der Kundenbedürfnisse sowie das Verständnis, was ihnen einen Mehrwert verschafft und wofür sie letzten Endes bereit sind, Geld zu bezahlen.
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Wertstrom gestalten: Ausgehend vom Kundenmehrwert beschäftigt sich dieses Prinzip mit der Gestaltung des Wertstroms. Der Schwerpunkt liegt auf den wertschöpfenden sowie auf unterstützenden Tätigkeiten. Erstere sollen optimiert und standardisiert, letztere reduziert werden. Dabei ist es wichtig, eine end-to-end Perspektive einzunehmen.
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Fluss erzeugen: Durch die Vermeidung von Verschwendung, wie beispielsweise Warte- und Liegezeiten, soll innerhalb des Wertstroms ein kontinuierlicher Fluss erzeugt werden. Konkret ist ein Prozess im Fluss, wenn sämtliche Prozessschritte die gleiche Zeit beanspruchen und somit keine Engpässe mehr bestehen.
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Pull System etablieren: Gemäss diesem Prinzip gibt der Kunde beziehungsweise die Kundin den Takt vor. Anstatt sich nach Prognosen zu richten, reagiert man auf Kundenbedürfnisse.
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Perfektion anstreben: Wichtig ist die kontinuierliche Verbesserung. Alle Mitarbeitenden sind angehalten Bestehendes kritisch zu hinterfragen. Im Rahmen dieses Prinzips ist es wichtig, die drei Dimensionen Qualität, Kosten und Zeit des sogenannten «magischen Dreiecks entsprechend zu priorisieren.
Lean Werkzeuge
Für die konkrete Umsetzung von Lean Management kann man sich der Lean Toolbox bedienen, welche verschiedenste Werkzeuge und Methoden umfasst. So beispielsweise die drei Mu, die Wertstromanalyse, die 5s-Methodik, den PDCA-Zyklus oder Kanban.
Six Sigma
Im Gegensatz zu Lean Management konzentriert sich Six Sigma primär auf die Beseitigung von Abweichungen. Die Streuung von Prozessergebnissen soll soweit möglich reduziert und damit die Prozessstabilität maximiert werden.
Durch Six Sigma kann sichergestellt werden, dass die Dinge richtig getan werden. Dadurch soll die Performance des Prozesses und somit die Qualität des Ergebnisses gesteigert werden. Im Fokus steht die Erfüllung der Kundenanforderungen, möglichst ohne Abweichungen.
DMAIC-Zyklus
Im Mittelpunkt der Methode Six Sigma steht der DMAIC-Zyklus, welcher aus den Phasen Define, Measure, Analyze, Improve und Control besteht. Die Anwendung von analytischen und statistischen Methoden und somit Zahlen, Daten und Fakten stellen einen integralen Bestandteil von Six Sigma dar.
Nach jeder der fünf Phasen findet ein Gate Review zur Überprüfung des Projektfortschrittes sowie der phasenspezifischen Ergebnisse statt. Wurden die Ziele der jeweiligen Phase erreicht, fällt der Projektauftraggeber den Entscheid zur Freigabe der nächsten Phase.
Abbildung 2: Fünf Phasenmodell Six Sigma (DMAIC-Zyklus)
Phase Define
Im Rahmen der Phase «Define» geht es primär um die Identifikation des konkreten Problems aus der Kundenperspektive. In diesem Kontext sind folgende Punkte zu adressieren:
- Projektbeschrieb mittels Project-Charter / Projektauftrag erstellen
- IST-Prozess sowie insbesondere dessen Rahmen mittels SIPOC-Analyse dokumentieren
- Kundenanforderungen erheben und kritische Merkmale beispielsweise mittels VOC-Analyse, Treiberbaum, CTQ-Analyse oder Kano-Modell ableiten
Phase Measure
Der Fokus der Phase «Measure» liegt auf der Erfassung des IST-Zustandes vor Ort und liefert Zahlen, Daten und Fakten zum Problem und den potenziellen Ursachen. Dabei ist zusammengefasst die Klärung folgender Aspekte von Bedeutung:
- IST-Prozess mittels Wertstrom-Diagramm oder Spaghetti-Diagramm erheben
- Prozessleistung hinsichtlich CTQ/CTB/CTP erheben
- Potenzielle Ursachen des Problems mittels Ishikawa-Diagramm (Ursache- Wirkungsdiagramm) identifizieren
- Potenzielle Ursachen gewichten und Hauptursachen priorisieren
- Datenerhebungsplan erstellen
- Verwendete Messsysteme auf ihre Eignung prüfen
- Datenerhebung durchführen und überwachen
- Prozessstabilität aufgrund der erhobenen Daten überprüfen
- Daten zusammenfassen und sinnvolle Hypothesen formulieren
Phase Analyze
In der Phase «Analyze» sollen die wirklichen und wesentlichen Ursachen identifiziert werden. Ein mögliches Vorgehen kann den nachfolgenden Tätigkeiten entnommen werden:
- Prozess detailliert visualisieren
- Prozessanalyse nach Lean Grundsätzen durchführen
- Daten aus der Phase «Measure» beispielsweise mittels Streudiagramm, Box-Plot oder Paretodiagramm visualisieren
- Datenanalyse durchführen
- Wesentliche Ursachen aus Prozess- und Datenanalyse ermitteln
- Ursachen / Hypothesen verifizieren
Phase Improve
Der Fokus der Phase «Improve» liegt auf der Entwicklung und Bewertung von Lösungen sowie der Vorbereitung der besten Lösung für die Übergabe an die Linie oder den Prozesseigner. Bei der Lösungsfindung kann zusammengefasst nach den nachfolgenden Schritten vorgegangen werden:
- Lösungsfindungsmethode (beispielsweise (Reverse) Brainstorming, 6-3-5 Methode, Starbursting, SCAMPER, morphologischer Kasten oder 6-Hüte-Denken) bestimmen
- Mögliche Lösungen inklusive Varianten zu den wesentlichen Ursachen des Problems entwickeln
- Allenfalls Versuche (Design of Experiment) zum Finden der Ideallösung mittels statistischer Versuchsplanung durchführen
- Bewertungsmethoden für die gefundenen Lösungen bestimmen (beispielsweise Kosten-/Nutzenanalyse, paarweiser Vergleich, Kriterienmatrix, Argumentenbilanz oder FMEA (Risikoanalyse))
- Die besten drei bis vier Lösungen bewerten und die effektiv umzusetzende(n) Lösung(en) auswählen
- SOLL-Prozess entwerfen
- Kosten für die Umsetzung der ausgewählten Lösung(en) berechnen
- Einführungsplan inklusive Change Management Konzept und Schulungskonzept erarbeiten
- Pilotierung durchführen
- Ergebnisse den betroffenen Stellen vorstellen und Zustimmung erwirken
Phase Control
Die Phase «Control» umfasst letzten Endes die Sicherstellung der nachhaltigen Implementierung der insgesamt am besten bewerteten Lösung(en) und der transparenten Visualisierung des Projektfortschrittes. Konkret bedeutet dies folgendes Vorgehen:
- Erfolgreich getestete Lösung an Linie oder Prozesseigner übergeben
- Nachhaltige Implementierung der Lösung im Unternehmen sicherstellen
- Methode für die Überwachung des Fortschritts festlegen und bereitstellen
- Monitoring des Projektfortschritts (Erfolge und Misserfolge) mit der festgelegten Methode sicherstellen (Shopfloormanagement)
- Projektbericht verfassen und Lessons Learned festhalten
- Präsentation vorbereiten und Projektergebnis präsentieren
Six Sigma Werkzeuge
Analog der Lean Toolbox gibt es auch bei Six Sigma eine Toolbox. Wie aus den einzelnen Phasenbeschrieben hervorgeht, besteht diese aus bekannten und bewährten Werkzeugen.
Dazu gehören Projektmanagement-Tools, Statistik-Tools, Analyse-Tools, Kreativitäts-Tools, Bewertungs-Tools sowie Management-Tools. Empfehlenswert ist die Verwendung von einigen wenigen Tools, welche im Unternehmen bereits bekannt und etabliert sind.
Fazit
Unabhängig davon, ob Prozessoptimierungen gemäss der Methode Six Sigma, den Prinzipien des Lean Managements oder einer Kombination davon vorgenommen werden, ist für eine erfolgreiche und insbesondere nachhaltige Veränderung ein gutes Change Management wichtig.
Mitarbeitende sollen durch kommunikative, interaktive und begleitende Veränderungsmassnahmen optimal durch die Veränderung geführt werden. Im Sinne von Operational Excellence ebenso wichtig ist die kontinuierliche Optimierung der Prozesse. Verbesserung soll Teil der Unternehmenskultur sein.
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