Prozessautomatisierung mit RPA: Erfolgreiche Umsetzung in der Praxis

04. April 2022

Die Ausführung von Prozessen, welche viele manuelle Aktivitäten umfassen, regelbasiert ablaufen, wenige bis keine Ausnahmen erfahren und repetitiv sind, ist nicht nur zeitintensiv und kostspielig, sondern auch fehleranfällig. Solche Prozesse eignen sich daher besonders gut für die Automatisierung mittels Robotic Process Automation (RPA).

In diesem Kontext interessierte sich auch die Stiftung European Thoracic Oncology Platform (ETOP), mehr über das Potenzial von RPA zu erfahren und im Rahmen eines Pilotprojektes einen Prozess zu automatisieren.

Mehr Zeit für Forschungsaktivitäten dank RPA

Die ETOP ist eine 2009 gegründete internationale Stiftung mit Sitz in Bern zur Förderung der akademischen klinischen Forschung auf dem Gebiet der Thoraxonkologie.

Geschäftsprozesse, wie beispielsweise die Statuskontrolle einzureichender Patientendaten, umfassen viele manuelle Aktivitäten und sind repetitiv. Damit in Zukunft mehr Zeit für die eigentliche Analyse und Auswertung der Daten im Rahmen der Forschungsaktivitäten bleibt, unterstützte die APP die ETOP bei der Identifikation für die Automatisierung mit RPA geeigneter Prozesse und modellierte einen dieser Prozesse mit UiPath. Das primäre Ziel dieses Pilotprojektes war es, aufzuzeigen, inwiefern sich RPA für die Automatisierung der Geschäftsprozesse der ETOP eignet.

Unser Vorgehen zur Erschliessung des Potenzials von RPA richtet sich dabei nach den folgenden neun Schritten, wobei wir unsere Kunden über den gesamten Kreislauf oder auch nur in einzelnen Schritten unterstützen – ganz nach deren Bedürfnissen.

APP Vorgehensmodell zur Erschliessung des Potenzials von RPA

Abbildung 1: APP Vorgehensmodell zur Erschliessung des Potenzials von RPA

Gegenstand des Projektes bei der ETOP waren insbesondere die Schritte 1 bis 6.  

Schritt 1: Machbarkeitsanalyse

Im Rahmen des vorliegenden Projektes analysierten wir drei durch die ETOP ausgewählte Prozesse auf deren Eignung zur Automatisierung. Als Richtlinie für die Auswahl der Prozesse gaben wir folgende Kriterien vor:

  • Viele manuelle Aktivitäten
  • Hohe Fehleranfälligkeit
  • Repetitive Tätigkeiten / Hohe Durchlaufzahl
  • Hoher Standardisierungsgrad / Wenige bis keine Ausnahmen
  • Regelbasierte Entscheidungen
  • Inputs liegen elektronisch in einem standardisierten Format vor
  • Verarbeitung sensibler Daten

Die Beurteilung der Machbarkeit umfasste primär die Analyse der IST-Prozesse sowie der für die Ausführung zum Einsatz kommenden Anwendungen (bspw. Webapplikationen oder Office-Anwendungen) sowie deren Login-Prozess.

Schritt 2: Priorisierung und Design

Priorisierung

Anhand der in Schritt 1 aufgeführten Kriterien priorisierten wir zusammen mit der ETOP die ausgewählten Prozesse. Der Prozess, dessen Automatisierung den grössten Nutzen versprach, dient der Statuskontrolle von einzureichenden Patientendaten. Da dieser Prozess fast ausschliesslich manuelle Klick-Aktivitäten umfasst, Entscheidungen auf vordefinierten Regeln beruhen, aufgrund der regelmässigen Einreichung der Patientendaten durch die Spitäler repetitiv ist und der Prozessauslöser ein automatisch generiertes Standard-E-Mail ist, eignete er sich perfekt für die Automatisierung mit RPA.

Design

Bis auf das Starten des Bots soll der Prozess vollständig automatisiert ausgeführt werden. Dazu wird Outlook sowie zwei weitere Webapplikationen benötigt (ETOP Datenbank und Zoho Projects). Zusammengefasst definierten wir folgenden SOLL-Prozess:

Outlook: Die Mails im Posteingang sollen basierend auf dem Betreff gefiltert werden. In einem gemäss dem Filter relevanten Mail soll die Patientennummer und die Fall ID ausgelesen werden.

ETOP Datenbank: ETOP Datenbank soll geöffnet werden. Anhand der im Mail ausgelesenen Daten soll das entsprechende Patientenregister aufgerufen und das Vorhandensein der ausgelesenen Fall ID geprüft werden. Je nach Ergebnis soll

  • die relevante Fall ID ausgewählt und der Status der einzureichenden Daten überprüft werden.
    • Wurden die Daten eingereicht, ist keine weitere Handlung in ETOP Datenbank zu unternehmen.
    • Wurden die Daten nicht eingereicht, ist eine Anfrage/Erinnerung an das Spital zu senden.
  • eine neue Fall ID erstellt und eine Anfrage/Erinnerung an das Spital gesendet werden.
  • Zoho Projects: Anhand der im Mail ausgelesenen Daten soll der entsprechende Fall aufgerufen und der Status der Bearbeitung nachgeführt werden.

Outlook: Das abgearbeitete Mail soll gelöscht werden.

Anschliessend soll der Prozess neu beginnen und so oft durchgeführt werden, bis im Posteingang keine Mails mit dem hinterlegten Betreff mehr gefunden werden können.

Schritt 3: Softwarebeschaffung

Im Rahmen des vorliegenden Projektes war keine Softwarebeschaffung erforderlich. Zum Einsatz kam die kostenlose Community Edition von UiPath. Die UiPath Plattform schliesst mehrere Produkte ein. Wir verwendeten die Automatisierungssoftware UiPath Studio, welche sowohl dem/der Business-Anwender:in wie auch dem/der fortgeschrittenen RPA-Entwickler:in, die richtige Automatisierungsgrundlage bietet, um leistungsstarke Software-Roboter zu erstellen. Mit fortschrittlicher UI-Automatisierung (UI = User Interface) ermöglicht UiPath Studio die Arbeit mit praktisch jeder Web- und Desktop-Anwendung.

Schritt 4: Softwareinstallation

Das Installationsprogramm ist leicht auszuführen. Nach dem Download kann direkt mit der Modellierung von Prozessen gestartet werden. Um die Arbeit zu erleichtern, können optional noch einige Konfigurationen vorgenommen werden (bspw. die Auswahl der Designumgebung).

Schritt 5: Modellierung und Testing

Modellierung

Gemäss dem in Schritt 2 definierten SOLL-Prozess wurden die einzelnen Prozessschritte in UiPath Studio modelliert. Im Rahmen dessen gibt es einige Tipps und Tricks zu beachten, wodurch später Probleme bei der Ausführung vermieden werden können. Beispielsweise ist es wichtig, den Typ der Variable sowie die Targeting Method (Selektor, Fuzzy-Selektor, Bild etc.) stets korrekt zu definieren. Die Targeting Method dient der Identifikation des UI-Elements, mit welchem der Softwareroboter interagieren soll.

Testing

Der modellierte Prozess wurde fortlaufend in der Testumgebung getestet und in Abhängigkeit der Testergebnisse optimiert.

Schritt 6: Systemintegration

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Testings konnte der automatisierte Prozess in den Betrieb überführt werden. Im Rahmen dessen wurden die wichtigsten Punkte dokumentiert, sodass die Anwender:innen den Prozess selbst installieren und ausführen konnten. Bei offenen Fragen standen wir unterstützend zur Verfügung.

Schritt 7: Qualitätskontrolle

In der ersten Phase des Betriebs ist es empfehlenswert, regelmässig die Qualität des automatisierten Prozesses zu überprüfen und den Nutzen der Automatisierung auszuwerten. Im vorliegenden Projekt wurde dieser Schritt durch die ETOP ausgeführt. Um der ETOP die Qualitätskontrolle zu erleichtern, haben wir bei der Modellierung darauf geachtet, dass die wichtigsten Ergebnisse in UiPath protokolliert werden (unter Verwendung der «Write Line Aktivität»). Basierend auf den Erkenntnissen kann dann entschieden werden, ob weitere Prozesse automatisiert werden sollen.

Schritt 8: Schulungen

Spätestens nach der Auswertung des Pilotbetriebs erfolgt der Wissenstransfer an die zukünftigen Anwender:innen, damit diese den Softwareroboter im Betrieb selbstständig verwalten sowie kleine Anpassungen eigenständig durchführen können. Bei Bedarf werden die Anwender:innen jedoch bereits vor Schritt 6 geschult. Im Rahmen des vorliegenden Projektes wurde bereits während der Realisierung darauf geachtet, den Wissenstransfer sicherzustellen und das eingebrachte Know-how möglichst zu internalisieren.

Schritt 9: Unterstützung nach Inbetriebnahme

Tauchen nach der Inbetriebnahme Fragen auf oder müssen inhaltliche oder technische Änderungen an den modellierten Geschäftsprozessen vorgenommen werden, unterstützen wir gerne.

Ergebnisse und Fazit

Sind Sie neugierig, wie das Ergebnis aussieht? Das nachfolgende Video gibt einen kurzen Einblick.

Abschliessend kann festgehalten werden, dass sich standardisierte und repetitive Prozesse, welche viele manuelle Aktivitäten umfassen – wie der in diesem Beitrag beschriebene – mit überschaubarem Aufwand automatisieren lassen und einen grossen Nutzen in Form von Zeitersparnissen und Effizienzsteigerungen einbringen.

Für die Umsetzung der Schritte 1 bis 6 wurden im vorliegenden Projekt knapp 6 Personentage investiert. Durch die Automatisierung dieses Prozesses lassen sich jährlich rund 9 bis 10 Personentage einsparen. Kostbare Zeit, welche die Mitarbeitenden der ETOP zukünftig für die Analyse und Auswertung der Daten investieren können. Ein weiterer Vorteil von RPA ist zudem die Skalierbarkeit. Bei der weiteren Automatisierung von ähnlichen Prozessen können viele der in UiPath Studio modellierten Aktivitäten übernommen werden.

Dieses Projekt führte Barbara Moser von der APP in enger Zusammenarbeit mit Nino Müller von der Substring GmbH aus. Durch die Kooperation der beiden Unternehmen profitierte die ETOP sowohl von der langjährigen Erfahrung der APP in den Bereichen Prozessoptimierung und -management sowie Business Analyse wie auch von der langjährigen Erfahrung von Substring im Bereich Data Analytics und Softwareentwicklung.

Herzlichen Dank an die Stiftung ETOP und die Substring GmbH für die kreative, innovative und erfolgreiche Zusammenarbeit. Wir haben die Co-Kreation ausserordentlich geschätzt und freuen uns auf zukünftige Projekte.

Möchten Sie mehr über dieses spannende Thema erfahren oder wissen, wie die APP auch Sie bei einem herausfordernden Vorhaben unterstützen kann? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

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