Das Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG) ist seit Anfang 2024 in Kraft. Es will die Rechtsgrundlagen für eine erfolgreiche digitale Transformation in der Bundesverwaltung schaffen. Dem Thema Open Source Software (OSS) ist dabei ein eigener Artikel gewidmet und dieser beinhaltet einige Sprengkraft.

Der Gesetzgeber folgte dem Grundsatz «Public Money – Public Code»: Durch die Behörden entwickelte Software soll als OSS der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Unternehmen und Privatpersonen sollen den Code nutzen können, der zuvor mit ihren Steuergeldern finanziert wurde. Darüber hinaus erhofft sich das Parlament niedrigere Kosten, eine effizientere Zusammenarbeit im Gemeinwesen und qualitativ bessere Software. Nebst diesen Chancen bringt das EMBAG aber auch einige Verpflichtungen und Herausforderungen mit sich.

Anspruchsvolle Beschaffungen

OSS ist in der Regel gebührenfrei und kann somit ohne Beschaffungsverfahren verwendet werden. Der Auftraggeber hat aber nach wie vor die geeignete Software zu wählen. Ebenso müssen die zugehörigen Dienstleistungen für Entwicklung und Betrieb ausgeschrieben werden und es soll eine Wettbewerbssituation zwischen Lieferanten herrschen. Das bedingt vertiefte Technologie- und Marktkenntnisse.

Einerseits muss die Qualität von OSS beurteilt werden. Dabei geht es um die sogenannte Community Health, die anhand anerkannter Metriken wie dem CHAOSSProjekt beurteilt werden kann. Andererseits müssen aber auch die Lizenzbedingungen analysiert werden, damit der Auftraggeber sich wie gewünscht die notwendigen Rechte sichern kann. Da Open-Source-Lösungen oftmals sehr modular und das Lizenzmanagement entsprechend komplex ist, spielen dabei auch Automatisierungen eine grosse Rolle: Software Bills of Materials (SBOM) sind sozusagen maschinelle Inventarlisten von Software-Bestandteilen.

Auch auf strategischer Ebene werden aber Veränderungen notwendig sein: Marktorientierte IT-Warengruppenstrategien und das Lieferantenmanagement werden wichtiger und gemeinsame Beschaffungen von Verwaltungseinheiten bergen grosses Potenzial.

Staat wird zum Softwarehersteller

Indem ein Bundesamt OSS freigibt, wird es gewissermassen zum Softwarelieferanten. Damit verbunden sind in vielen Fällen zusätzliche Dienstleistungen wie Integration, Wartung, Gewährleistung der Informationssicherheit und Support, damit die Software auch von anderen sinnvoll eingesetzt werden kann. Mit dem EMBAG sind die Verwaltungseinheiten ermächtigt, solche Leistungen zu erbringen, welche eigentlich nicht zu ihrem Grundauftrag gehören, und dafür ein Entgelt zu verlangen.

Von Behörden entwickelte Software soll der Allgemeinheit als OSS zur Verfügung gestellt werden.

Das Potenzial von OSS für die öffentliche Hand ist insbesondere dort gross, wo es um spezifische Aufgaben von Behörden geht, die sonst von keinen Marktteilnehmern nachgefragt werden. Gerade hier können die staatlichen Stellen die Abhängigkeit von Softwareanbietern reduzieren und die Entwicklung qualitativ guter Software fördern. Das bedingt aber ihre aktive Mitarbeit in den OSS-Projekten und -Communities. Sowohl die Erbringung von Dienstleistungen als auch die Mitarbeit in Projekten bedingt Know-how und entsprechende organisatorische Strukturen. Beides ist in der Bundesverwaltung aufzubauen.

Grosses Potenzial auf allen föderalen Ebenen

Mit dem EMBAG sind in der Bundesverwaltung die Voraussetzungen für Software-Beschaffungen gelegt, die Nachhaltigkeit und Effizienz im Sinne haben. Schweizweit besteht auf den untergeordneten föderalen Ebenen aber mindestens so grosses Potenzial. Es liegt nun an den Bundesbehörden aufzuzeigen, wie OSS nutzenstiftend eingesetzt werden kann, sodass Kantone und Gemeinden sich das EMBAG und dessen operative Umsetzung als Vorbild nehmen können.

Dieser Fachbeitrag wurde ebenfalls in der im Juni 2024 erschienenen Open Source Studie Schweiz 2024 veröffentlicht.

Möchten Sie mehr über dieses spannende Thema erfahren oder wissen, wie wir auch Sie bei einem herausfordernden Vorhaben unterstützen können? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Ihre Ansprechperson

Kontaktieren Sie uns

Haben Sie Fragen zu unseren Dienstleistungen? Kontaktieren Sie uns per Kontaktformular. Unsere Expert:innen melden sich in Kürze bei Ihnen.