Eine Ode an nachhaltiges Banking

29. Juni 2023

Nachhaltigkeit ist eines der dominanten Themen unserer Zeit. Deshalb wundert es nicht, dass diese Thematik auch vor der Schweizer Bankenbranche keinen Halt macht. Dabei werden die Schweizer Banken von verschiedenen Richtungen aus mit Forderungen konfrontiert. Einerseits nehmen die Regulierungen rund um die Nachhaltigkeit stetig zu. Erst Anfang Jahr hat die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) zwei weitere Richtlinien veröffentlicht, die für ihre Mitglieder verbindlich sind (APP Fachbeitrag vom 27. April 2023).

Andererseits verschieben sich die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden hin zu mehr Nachhaltigkeit. So stieg beispielsweise das Volumen nachhaltiger Anlagen in der Schweiz im Jahr 2022 um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie eine Marktstudie von Swiss Sustainable Finance (SSF) aufzeigt.

Für Banken bedeutet dies, dass sie ihre angebotenen Anlageprodukte diesem stärker werdenden Kund:innenenbedürfnis anpassen müssen. Zudem müssen ihre Mitarbeitenden mit gezielten Schulungen Wissen im Bereich von ESG-Investing aufbauen (vgl. Richtlinien für die Finanzdienstleister zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung, Art. 15, SBVg), um Kundinnen und Kunden beraten zu können.

Zuletzt wird auf Schweizer Banken auch ein gesellschaftlicher Druck ausgeübt. Genau wie andere Firmen haben Banken eine gesellschaftliche Verantwortung (Corporate Social Responsibility), die sie wahrnehmen müssen. Banken, die überhaupt keinen Wert auf Nachhaltigkeit legen, riskieren Kritik von Medien und Gesellschaft.

Regulatorischer Trend, Wandel im Markt, gesellschaftlicher Druck: Das Thema Nachhaltigkeit klingt für Banken wohl in erster Linie wie eine lästige Pflicht, kann für sie aber eine grosse Chance darstellen.

Die Rolle der Bankenbranche

Dass die Bankenbranche mit den im obenstehenden Text genannten Forderungen konfrontiert wird, hängt mit ihrer Schlüsselposition zusammen, die sie bei der Transformation der Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit einnimmt. Die direkte Umweltbelastung von Banken ist zwar sehr gering. Allerdings können sie durch ihre Investitions- und Finanzierungsentscheidungen die Finanzströme in der Schweiz massgeblich beeinflussen, die wiederum eine direkte Hebelwirkung auf alle Wirtschaftsbereiche haben.

Beispielsweise können durch bessere Finanzierungskonditionen nachhaltige Investitionen gefördert werden. Eine andere Steuerungsmöglichkeit liegt darin, bei Beratungsgesprächen nachhaltige Anlagemöglichkeiten gezielt anzusprechen. Es ist nicht die Aufgabe von Banken zu beurteilen, welches Vorgehen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit richtig oder falsch ist. Jedoch tragen sie eine Verantwortung dafür, ihre Kundschaft innerhalb des rechtlichen Rahmens transparent, kompetent und individuell zu beraten und nachhaltige Finanzierungs- und Anlagelösungen bereitzustellen.

Nachhaltigkeit bietet viele Chancen

Banken sind in der Nachhaltigkeitsthematik folglich vielen Forderungen ausgesetzt, weil sie bei der Transformation in unserer Gesellschaft und dem Erreichen von definierten Nachhaltigkeitszielen eine entscheidende Rolle spielen. Doch nachhaltiges Banking kann auch der Bankenbranche selbst verschiedene Potenziale eröffnen: 

Management von Risiken

Verschiedene Risiken, die direkt durch den Klimawandel verursacht werden, lassen sich in finanzielle Risiken übertragen. Das können einerseits Risiken sein, welche die Bank direkt betreffen, wie beispielsweise Schäden an Bankgebäuden durch vermehrt auftretende Naturkatastrophen. Anderseits gibt es Risiken, welche auf die gesamte Wirtschaft und somit mittelbar auf die Banken einwirken. Ein Beispiel hierfür ist der Verlust der Artenvielfalt, der ein erhebliches Risiko für die Realwirtschaft und damit auch für die Finanzinstitute darstellt.

Zirka 55 Prozent des globalen Bruttoinlandprodukts (BIP) hängt von einer gut funktionierenden biologischen Vielfalt ab. Daneben gibt es sogenannte «Übergangsrisiken». Dabei handelt es sich um zusätzliche Gesetze, die zum Schutz der Umwelt in Kraft treten, wie beispielsweise die Ausstiegspläne hinsichtlich fossiler Brennstoffe. Dadurch können für Banken, die sich weiterhin in diesem Sektor engagieren, das Risiko von gestrandeten Vermögenswerten entstehen. Zuletzt gibt es für Banken auch Reputationsrisiken, wenn sie mit der Finanzierung klimaschädigender Aktivitäten in Verbindung gebracht werden.

Durch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren für Investitions- und Finanzierungsentscheidungen können Banken die oben genannten Risiken für die eigene Geschäftstätigkeit deutlich verringern.

Regulatorische Entwicklungen

Um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, schreiten einige Staaten und Regionen bei der Finanzmarktregulierung voran. Insbesondere die EU hat mit ihrem Aktionsplan eine Vorreiterrolle eingenommen. Die Regulierungen in der Schweiz sind bisher weniger konkret und viele lokal tätige Schweizer Banken sind noch nicht direkt von den europäischen Entwicklungen betroffen. Es scheint jedoch nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Regulierungen in Bezug auf Nachhaltigkeit im Finanzwesen auch in der Schweiz zunehmen und aus den bisherigen Empfehlungen zwingende Regeln werden. So sind beispielsweise gewisse Banken ab 2024 in der Schweiz verpflichtet, über Klimabelange öffentlich Bericht zu erstatten. Banken, welche das Thema Nachhaltigkeit bereits jetzt proaktiv angehen, können nötige interne Änderungen mit weniger Zeitdruck angehen als jene Banken, die stets auf neue Regulierungen reagieren müssen. Mit einer strukturierten Vorgehensweise sind die nötigen Anpassungen oftmals effizienter und kostensparender.

Wettbewerbsvorteil

Wie bereits dargelegt, entwickeln sich die Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden hin zu mehr Nachhaltigkeit. Sie erwarten von den Banken immer häufiger nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Institutionelle Investoren wie Versicherungen und grosse Asset Manager erwarten heute von der Realwirtschaft und dem Finanzsektor mehr Engagement für Nachhaltigkeit. Einerseits bietet das den Banken neue Möglichkeiten für eigene Anlage- und Kreditprodukte, mit der sie die Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden befriedigen können.

Andererseits können Banken, welche Nachhaltigkeit öffentlich vorleben, möglicherweise das Vertrauen ihrer Kundschaft und das eigene Image stärken. Im besten Fall können Nachhaltigkeitstätigkeiten einer Bank sogar als zusätzliches Alleinstellungsmerkmal verwendet werden, welches einer Bank einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschafft. 

Ausblick

Es zeigt sich, dass sich Nachhaltigkeit lohnt und sich daraus direkte finanzielle Vorteile für eine Bank ergeben können. Von einem nachhaltigen Finanzmarkt profitieren also nicht nur die Umwelt und die Gesellschaft, sondern die Banken selbst ebenso. Sozusagen eine Win-Win-Win-Situation. Für Banken bedeuten die Entwicklung in der Nachhaltigkeitsthematik diverse Anpassungen für das eigene Geschäftsmodell. Betroffen sind unter anderem die Produktstrategie bezüglich des Kredit- und Anlagegeschäfts, die Berichterstattung und der Marktauftritt.

Doch diese Anpassungen vorzunehmen und die Chancen von Nachhaltigkeit voll auszuschöpfen, ist für Banken nicht ohne Hürden. In einem nächsten Beitrag zeigen wir auf, welche Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit für Schweizer Banken aktuell bestehen und wie eine nachhaltige Transformation erfolgreich gestaltet werden kann.

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Quellen

  • msg GillardonBSM AG (2022). Sustainable Banking: Die Rolle der Banken bei der Transformation der Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit – wo stehen die Banken 2022?
  • Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) (2022). Richtlinien für die Finanzdienstleister zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung.
  • WWF Schweiz (2021). Nachhaltigkeit im Schweizer Retail-Banking. WWF Rating des Schweizer Retail-Bankings 2020/2021.
  • Swiss Sustainable Finance (2022). Schweizer Marktstudie Nachhaltige Anlagen 2022.
  • Website der Acrevis (2021). (Letzter Zugriff: 20.06.2023)
  • Schweizerische Eidgenossenschaft (2022). Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange.

 

  • Kategorie
    Fachbeiträge

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    Banken und Versicherungen

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