Würden Sie bei Amazon, Facebook, Google oder Netflix ein Sparkonto eröffnen, einen Firmenkredit oder eine Hypothek beantragen? Die meisten von uns beantworten diese Frage wohl mit «Nein».

Uns erscheint die Vorstellung als zu heikel, dass die Internetriesen unsere Transaktionsdaten, Sparbucheinträge und Wertschriftenverzeichnisse zu uns unbekannten Zwecken weiterverwenden oder gar an Dritte weitergeben könnten. Obschon wir wissen, dass wir viele unserer Daten bereits mit den amerikanischen Datenriesen teilen, ist uns das Thema im Kontext der eigenen Finanzen nicht ganz geheuer.

Preisgabe der eigenen Daten

Als Einzelperson hinterlassen wir durch die Nutzung unserer Smartphones, Tablets und Sportuhren eine digitale Spur. Diese Spur können Unternehmen mit geeigneten Werkzeugen leicht verfolgen und verwerten.

Das gesellschaftliche Bewusstsein gegenüber den eigenen Daten und deren Verwendung hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Vielen Menschen wird der Umstand, dass die eigenen Daten ungebremst und vermeintlich unkontrolliert erhoben, verknüpft und verwertet werden, erst langsam richtig bewusst.

Die europäische Politik hat mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eine weitreichende rechtliche Grundlage geschaffen, welche die Verarbeitung personenbezogener Daten regelt. Das gesellschaftliche Bewusstsein sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen stecken jedoch noch in den Kinderschuhen und werden sich über die nächsten Jahre weiterentwickeln.

Datenschutz im Banking

In vielen Branchen und Unternehmen gehört die systematische Auswertung und Nutzung von personenbezogenen Daten bereits zum Kern der Geschäftstätigkeit. Einige Branchen, so auch das traditionelle Banking, stehen diesbezüglich noch immer am Anfang ihrer Möglichkeiten.

Nichtsdestotrotz rückte die wirtschaftliche Nutzung von Daten, begleitet von Stichworten wie Data-Driven Banking oder Big Data, in den letzten Jahren vermehrt in den Mittelpunkt der Bankenwelt. Durch die neuen digitalen Marktteilnehmer wie «N26» oder «Revolut» wird dieser Trend nochmals verstärkt.

Es liegt in der Natur des Bankgeschäfts, dass Banken über viele sensible und kostbare Informationen ihrer Kundschaft verfügen. Mit neuen Technologien steigen für die bewährten Finanzinstitute die Möglichkeiten, die vorhandenen Daten für die Optimierung von Prozessen, die Gestaltung neuer Dienstleistungen und damit auch zur Verbesserung des Kund:innenerlebnisses zu nutzen.

Gemäss einer Meinungsumfrage im Jahr 2021 durch die Schweizerische Bankiervereinigung halten 99 Prozent der Befragten ihre Hauptbank für vertrauenswürdig. Dieses Vertrauen gilt es auch hinsichtlich der Datennutzung aufrechtzuhalten. Denn während Unternehmungen wie Google, Amazon oder Apple die Nutzerdaten ungeachtet negativer Schlagzeilen grosszügig verwenden, könnte dies für Banken, deren Geschäftsmodell stark auf Vertrauen beruht, fatale Folgen haben.

Der Data Deal

Damit eine Person bereit ist, ihre persönlichen Daten zur Weiterwendung preiszugeben, muss ihr dafür eine entsprechende Gegenleistung geboten werden. Dieses Tauschgeschäft bezeichnen wir nachfolgend als «Data Deal».

Ein alltägliches Beispiel hierfür stellt die Nutzung von Online-Kartendiensten – bspw. Google Maps – dar. Als Nutzer:in stelle ich meine Standortdaten sowie meine Bewegungsdaten dem Unternehmen zur Verfügung und erhalte im Gegenzug eine Wegbeschreibung, um möglichst schnell von A nach B zu gelangen.

Das APP-Modell

Damit für alle Parteien ein zufriedenstellender Data Deal zustande kommt, müssen die preisgegebenen Daten sowie die Gegenleistung in einem für alle Parteien zufriedenstellenden Austauschverhältnis zueinander stehen.

Wir versuchen, diesen Ansatz in Form eines qualitativen Modells zu illustrieren.

APP-Modell Data Deal

Auf der X-Achse wird die Datenquote (DQ) dargestellt. Je weiter rechts sich ein Datenpunkt auf der X-Achse befindet, desto grösser der Anteil an Daten, welche die Kund:innen von sich preisgeben bzw. dem Unternehmen zur Verfügung stehen.

Der Y-Achse lässt sich der Nutzen (U) entnehmen. Je weiter oben sich ein Datenpunkt auf der Y-Achse befindet desto grösser der geleistete bzw. erwartete Nutzen.

Die Erwartungskurve zeigt auf, welchen Nutzen die Kundinnen und Kunden für ihre preisgegebenen Daten erwarten. Es wird angenommen, dass die Erwartungskurve konvex verläuft, da der von der Kundin/vom Kunden erwartete Nutzen mit der zunehmenden DQ auch zunehmend steigt (steigende «Grenzerwartungen»).

Der Verlauf der Erwartungskurve hängt von diversen Faktoren, wie beispielsweise der Risikobereitschaft der Kund:innen, dem Vertrauen in die Gegenpartei oder dem Wert, den eine Kundin/ein Kunde seinen Daten beimisst, ab.

Die Leistungskurve illustriert, welchen Kund:innennutzen das Unternehmen in Abhängigkeit der DQ ohne zusätzliche Investitionen generieren kann. Die Kurve ist steigend und konkav, da angenommen wird, dass Unternehmen mit mehr Daten auch mehr Nutzen generieren können, dieser zusätzliche Nutzen aber mit der zunehmenden DQ abnehmend ist (sinkende «Grenzleistung»).

Der Verlauf der Leistungskurve wird ebenfalls durch diverse Faktoren beeinflusst, bspw. durch den technologischen und organisatorischen Reifegrad der Unternehmen.

Ein Data Deal zwischen Kundschaft und Unternehmen kann für diejenigen Werte auf der X-Achse zustande kommen, bei denen die Erwartungen für die entsprechende DQ geringer oder gleich der daraus generierbaren Leistung entsprechen. In Bezug auf die vorangehende Abbildung ist das überall dort der Fall, wo die Erwartungskurve unterhalb der Leistungskurve liegt.

Der optimale Data Deal

Ein Data Deal kann auf einer Bandbreite von unterschiedlichen DQ zustande kommen. Der optimale Data Deal wird bei der DQ abgeschlossen, bei welcher die Übererfüllung der Kund:innenerwartung maximal ist. Dies entspricht derjenigen DQ, bei welcher der Abstand zwischen der Erwartungs- und Leistungskurve am grössten ist.

Aus Sicht beider Parteien ist eine DQ jenseits des Optimums nicht erstrebenswert, da sich die Differenz zwischen geleistetem und erwartetem Nutzen für die preisgegebenen Daten verringert.

Pptimaler Data Deal

Der Data Deal im Banking

In einer typischen Kund:innen-Banken-Beziehung ist die DQ eher hoch, da Banken über viele sensible und kostbare Informationen ihrer Kundschaft verfügen. Der Kund:innennutzen, welchen die Bank aus den zur Verfügung stehenden Daten generiert, scheint aber insbesondere bei den klassischen Banken eher gering.

Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass die vorliegende DQ über der optimalen DQ liegt. Folglich liegt zwar ein Data Deal vor, dieser könnte aber für beide Parteien optimaler gestaltet werden.

Die nachfolgende Abbildung nimmt diesen optimierbaren Fall auf und legt zwei Handlungsoptionen für die Banken dar. Unabhängig von der gewählten Option ist es für die Vertrauensbeziehung sowie für das Fortbestehen des Data Deals förderlich, transparent zu agieren und den Kund:innen aufzuzeigen, dass die aktuelle DQ über dem Optimum liegt.

Data Deal im Banking

Eine Reduktion der erhobenen Daten bzw. ein Versprechen, dass die vorhandenen Daten nicht wirtschaftlich genutzt werden, stellt eine Möglichkeit dar, die DQ zu reduzieren und damit den optimalen Zustand wiederherzustellen (1). Die viel innovativere Option ist, dass die Banken das Potenzial der hohen DQ entsprechend verwerten und aus den vorliegenden Daten den grösstmöglichen Nutzen für die Kundinnen und Kunden generieren (2). Das bedingt, dass die Banken Investitionen vornehmen, welche in einer steiler verlaufenden Leistungskurve resultieren. Beispielsweise durch das Optimieren von Geschäftsprozessen sowie durch die Entwicklung von innovativen Dienstleistungen und Produkten können die notwendigen Veränderungen der Leistungskurve herbeigeführt werden.

Hierbei unterstützen wir Sie gerne mit unserem umfassenden Know-how und unserer Erfahrung und freuen uns, gemeinsam mit Ihnen die Grundlage für den optimalen Data Deal für Sie und Ihre Kund:innen zu gestalten.

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